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Wie die Politik der Sanktionen und der Beschlagnahme von Vermögenswerten die Stabilität der Finanzmärkte und der Zahlungssysteme aus den Angeln hebt

In den letzten Jahren haben wir eine zunehmende Verschärfung der Sanktionen und Vermögensbeschlagnahmungen gegen bestimmte Länder und Einzelpersonen erlebt. Während diese Maßnahmen oft als politische Instrumente zur Durchsetzung bestimmter Ziele verwendet werden, haben sie auch erhebliche Auswirkungen auf die Stabilität und Integrität der westlichen Finanz- und Zahlungssysteme ergeben. Sanktionen werden von westlichen Regierungen häufig als Werkzeuge eingesetzt, um unerwünschte Verhaltensweisen von Regierungen oder Einzelpersonen zu bestrafen oder zu verhindern. Sie können verschiedene Formen annehmen, darunter Handelsbeschränkungen, Einreiseverbote, Einfrieren und Beschlagnahme von Vermögenswerten und Finanzsanktionen. Diese Maßnahmen sollen Druck auf die Zielländer ausüben und sie dazu bringen, politische, wirtschaftliche oder soziale Veränderungen vorzunehmen.
Es ist wichtig zu betonen, dass internationale Rechtsnormen, einschließlich der Regelungen der Welthandelsorganisation (WTO) und verschiedener Investitionsschutzabkommen, keine Bestimmungen für die „Einfrierung“ von Vermögenswerten vorsehen. Ein solches Vorgehen, wie es beispielsweise bei den Finanz- und Handelssanktionen gegen Russland zu beobachten ist, könnte als willkürlich angesehen werden, es steht nicht im Einklang mit rechtsstaatlichen Prinzipien. Einzig die Vereinten Nationen verfügen über die rechtliche Autorität, derartige Maßnahmen zu verhängen.

Rechtliche Bedenken und wirtschaftliche Herausforderungen

Für Staaten und internationale Organisationen wie die Europäische Union eröffnen sich hierdurch Herausforderungen von beträchtlichem Ausmaß. Gegenstand der Debatte sind im Besonderen die russischen Zentralbankgelder. Etwa 300 Milliarden Euro sind derzeit blockiert, wobei der größte Teil davon, 210 Milliarden Euro, in der EU eingefroren ist, während 7,4 Milliarden Euro in der Schweiz blockiert sind. Gemäß den Bestimmungen des internationalen Rechts genießen Staatsvermögen grundsätzlich Immunität, und es ist sowohl einzelnen Staaten als auch internationalen Organisationen untersagt, diese zu beschlagnahmen. Diese Entwicklungen bergen das Potenzial, sowohl die Wahrnehmung des Rechtssystems zu beeinträchtigen und ökonomische Aktivitäten zu belasten als auch zu wirtschaftlicher Instabilität, Kapitalflucht und einer Verschlechterung der Lebensbedingungen für die Bevölkerung zu führen. Sie könnten das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit untergraben, indem sie Bedenken hinsichtlich der Fairness und Transparenz von rechtlichen Verfahren aufwerfen. In ähnlicher Weise könnten sie das Investitionsklima beeinträchtigen, indem sie Unsicherheit und Risiko für Unternehmen schaffen, was in der Folge das wirtschaftliche Wachstum hemmt.

Wirtschaftliche Instabilität und globale Konsequenzen

Eine der direkten Folgen von Sanktionen ist die Aushöhlung der Finanz- und Zahlungssysteme der betroffenen Länder. Wenn Vermögenswerte eingefroren werden oder der Zugang zu internationalen Finanzmärkten beschränkt wird, können Regierungen und Unternehmen Schwierigkeiten haben, Geschäfte abzuwickeln, Investitionen zu tätigen und Schulden zu bedienen.
In einer Zeit der Globalisierung der Finanzmärkte können Störungen in einem Gebiet schnell globale Konsequenzen haben. Die jüngsten Maßnahmen der Vereinigten Staaten und der Europäischen Union gegenüber Russland, einschließlich der Beschlagnahme staatlicher Vermögenswerte Russlands in ausländischen Banken, haben in einigen Ländern zunehmende Besorgnis über ihre Abhängigkeit vom US-Dollar geweckt. Es besteht die Sorge, dass ihre Außenpolitik, wenn sie nicht mit den Interessen des Westens übereinstimmt, ebenfalls Ziel von Sanktionen werden könnte. Die Verwendung des US-Dollars als Instrument der Außenpolitik hat an Bedeutung gewonnen, was von ausländischen Notenbanken bemerkt wurde. Als Reaktion darauf haben einige Staaten begonnen, ihre Goldreserven zu erhöhen.

Anstieg der Goldreserven

Die aktuellen Entwicklungen im Goldmarkt (Stand Januar 2024) zeigen deutlich auf, dass eine Reihe von Ländern in jüngster Zeit ihre Goldreserven aufgestockt hat. Die chinesische Zentralbank erwarb im Januar zusätzliche 9,5 Tonnen Gold und verfügt nun offiziell über 2.245,3 Tonnen Gold in ihren Reserven. Indien erhöhte seine Goldreserven ebenfalls, wobei die aktuellen Bestände nun 812,3 Tonnen betragen, nachdem 8,7 Tonnen hinzugefügt wurden. Die Türkei meldete einen Anstieg ihrer staatlichen Goldreserven um 11,8 Tonnen auf insgesamt 552 Tonnen im Vergleich zum Vormonat. Kasachstan verzeichnete ebenfalls einen Zuwachs von 6,2 Tonnen und weist nun 300,4 Tonnen Gold in den Reserven aus. Jordanien verzeichnete eine Zunahme von 4,7 Tonnen und verfügt nun insgesamt über 74,3 Tonnen Gold. Des Weiteren erhöhte Tschechien seine Goldreserven um 1,7 Tonnen auf nun 32,4 Tonnen.
Ende April 2024 zog Borge Brende, der Präsident des Weltwirtschaftsforums (WEF), eine ernüchternde Bilanz der Weltwirtschaft. In seiner Rede auf dem „Special Meeting on Global Collaboration, Growth, and Energy for Development“ des WEF in Riad, Saudi-Arabien, betonte er den besorgniserregenden Zustand der weltweiten Verschuldung und verglich sie mit einem Niveau, das seit den 1820er Jahren nicht mehr erreicht wurde. Er betonte, dass sich die Welt einem kritischen Punkt nähert, da die Verschuldung fast 100 % des globalen BIP erreicht hat, eine Situation, die an die Zeit nach den Napoleonischen Kriegen erinnert. Er unterstrich die Notwendigkeit umsichtiger finanzpolitischer Maßnahmen und betonte, wie wichtig es sei, die Verschuldung abzubauen, ohne einen Wirtschaftsabschwung auszulösen. Mit Blick auf China und die Vereinigten Staaten wies der WEF-Präsident auf die hohe Verschuldung hin. Er kritisierte die lockere Finanzpolitik in den USA als besonders besorgniserregend, da sie Druck auf die Zinssätze und den Dollar ausübe, wodurch sich die Finanzierungskosten weltweit erhöhten und die bestehenden Schwachstellen noch verschärften.

Die Rolle des Globalen Südens

Angesichts dieser Entwicklungen haben sich Staaten des Globalen Südens, die sich im Rahmen des BRICS-Blocks zusammengeschlossen haben, seit dem Gipfel in Johannesburg im August 2023 verstärkt um die Etablierung eigener Zahlungs- und Finanzsysteme bemüht und sich unter anderem zum Ziel gesetzt, zeitnah eine Alternative zum Swift-Finanzzahlungssystem einzuführen. Damit beschleunigt sich der Ausstieg aus dem Dollar als Haupthandelswährung. Zahlungen von Rohöl und Gas sowie anderen Bodenschätzen und Rohstoffen zwischen den Blockstaaten könnten künftig nicht mehr in US-Dollar abgewickelt werden. Das BRICS-Zahlungssystem soll das Fundament für die zukünftige Wirtschaftspartnerschaft des Blocks bilden, da es erstens nicht von den Vereinigten Staaten oder einem anderen westlichen Land kontrolliert wird, und somit außerhalb der Reichweite von Sanktionen liegt, und zweitens auf einem Korb lokaler Währungen basieren und nicht auf dem US-Dollar.
Meiner Ansicht nach wird es vor allem den Ländern des sogenannten Globalen Südens helfen, ihre eigene Wirtschaft wesentlich zu stärken. Bisher flossen ihre teuer erwirtschafteten und spärlich vorhandenen Finanzmittel einem Land zu, das geographisch weit entfernt ist und dessen Außenpolitik zudem nicht immer freundlich ist. Diese Maßnahmen werden sich auch auf eine verminderte Nachfrage nach dem US-Dollar auswirken, so dass der US-Dollar seine bisherige uneingeschränkte Vormachtstellung verlieren könnte. Dies hätte starke Auswirkungen, da die Vereinigten Staaten kein Geld mehr aus dem Nichts heraus drucken können und ihr derzeitiges Staatsdefizit von etwa 34,5 Billionen nicht mehr ausgleichen können. Beides zusammen könnte einen Zusammenbruch mit einschneidenden Folgen für die globalen Märkte auslösen.

Weiters haben die BRICS-Staaten kürzlich verlautbart, eine gemeinsame offizielle Handelswährung einzuführen, ihre Entwicklung soll kurz vor dem Abschluss stehen. Im ersten Schritt haben sich die BRICS-Länder auf ein BRICS-Zahlungssystem geeinigt, das auf der Blockchain-Technologie basiert und parallel zum westlichen SWIFT-Zahlungsmodell betrieben werden soll. Die BRICS-Blockchain-Technologie-Infrastruktur, vorangetrieben von Russland und China, bildet die Grundlage dieses neuen Finanzsystems und der Zahlungsabwicklungsplattform für den gesamten Block. Im zweiten Schritt nun geht es um die Einführung der neuen Währung. Bisherigen Informationen zufolge soll die BRICS-Währung für den internationalen Zahlungsverkehr genutzt werden, um die hohen Kosten für Währungsumtausch zu senken. Aufgrund einer Vielzahl von Währungen, deren Werte ständigen Schwankungen unterliegen, sind die Verluste durch Arbitrage erheblich. Die Einführung der BRICS-Währung soll dieses Problem lösen und sie kostengünstiger machen als den Dollar. Angesichts der beträchtlichen Goldkäufe der BRICS-Staaten, insbesondere durch China, ist es äußerst wahrscheinlich, dass Gold einen wesentlichen Bestandteil dieser Währung ausmachen wird, sobald sie genehmigt und eingeführt ist. Technisch gesehen ist diese Währung nahezu fertiggestellt, die Software sowie die erforderlichen mathematischen Werkzeuge wurden entwickelt. Diese neue Währung voraussichtlich auf zwei Körben basieren, was sie weniger anfällig für eine Entwertung macht. Ein Korb wird aus den nationalen Währungen der Mitgliedsstaaten bestehen, während der andere auf Devisenrohstoffen basieren wird. Zum jetzigen Zeitpunkt ist jedoch noch nicht klar, in welchem Verhältnis die Währung gold- oder rohstoffgedeckt sein wird. Dieses Modell würde die Stabilität der Währung gewährleisten und sie somit potenziell attraktiver machen als traditionelle Währungen wie Dollar, Pfund und Euro. Für die Einführung dieser Währung ist nun die politische Zustimmung der BRICS-Länder erforderlich, wobei bereits drei Staatschefs ihre Unterstützung für die Idee der Einführung einer neuen Währung bekundet haben. Die Reaktionen Chinas und Indiens stehen noch aus. Auch der südafrikanische Botschafter in China, Cyprian Cwele Siyabonga, bestätigte jüngst Fortschritte in Richtung einer gemeinsamen BRICS-Währung. Die Details dieser Initiative sollen im Oktober beim BRICS-Gipfel in Kasan, Russland, bekannt gegeben werden. Eine geplante BRICS-Zentralbank soll die Währungsausgabe und fiskalische Richtlinien koordinieren. Der stellvertretende Außenminister Russlands, Sergejow, äußerte sich positiv zur Gründung dieser Zentralbank.

Handelsbeziehungen und Engagement in Europa und Afrika

Trotz der Unabhängigkeitsbestrebungen von westlichen Währungen streben die BRICS weiterhin Handel mit Europa an und stehen globalen Handelsmöglichkeiten offen gegenüber. Länder wie Ungarn und Serbien könnten von engeren Beziehungen zu den BRICS profitieren. Zudem betonte Chinas Präsident Xi Jinping bei einem Treffen mit europäischen Führern im Mai die Bedeutung dieser Handelsbeziehungen.
Ein weiteres bedeutendes Thema ist das verstärkte Engagement von Russland und China in Afrika. Die BRICS-Staaten planen, in die Infrastruktur und Bildung des Kontinents zu investieren. Der Leiter der neuen Entwicklungsbank, Dilma Rousseff, erklärte, dass die Bank physische und digitale Infrastrukturprojekte in Afrika finanzieren und Bildungsprojekte fördern wird. „Die neue Entwicklungsbank hat das Potenzial, die Führungsrolle bei Projekten zu übernehmen, die die dringendsten Herausforderungen der afrikanischen Länder angehen“, sagte Rousseff.

ASEAN und strategische Maßnahmen zur Stärkung lokaler Währungen

Die jüngsten Entwicklungen im ASEAN-Raum verdeutlichen das Bestreben einer Gruppe südostasiatischer Länder, ihre eigenen lokalen Währungen zu stärken und sich von westlichen Währungen wie dem US-Dollar, Britischen Pfund und Japanischen Yen abzuwenden. Zu dieser Allianz gehören Vietnam, Thailand, Kambodscha, Indonesien, Brunei, Laos, Malaysia, Myanmar, die Philippinen und Singapur. Diese Länder haben erkannt, dass die Förderung ihrer nationalen Währungen entscheidend ist, um die Auswirkungen der steigenden US-Staatsverschuldung, der Militarisierung des Westens und eskalierender Konflikte auf ihre Wirtschaft und Entwicklungsaussichten zu minimieren.
Die ASEAN-Staaten haben beschlossen, ihre nationalen Währungen zu stärken und engere Beziehungen zu Handelspartnern innerhalb der Region aufzubauen. Ein zentraler Schritt in diese Richtung ist die Einführung des „Local Currency Transaction“ (LCT) Systems, einer Erweiterung des 2016 von Thailand und Malaysia eingeführten „Local Currency Settlement“ (LCS) Systems. Dieses System ermöglicht es den südostasiatischen Ländern, Handelsgeschäfte und Finanztransaktionen direkt in ihren eigenen Währungen abzuwickeln, wodurch die Abhängigkeit von westlichen Währungen verringert wird.

Schlussbetrachtung

Insgesamt zeigen diese Entwicklungen, dass die ASEAN- und BRICS-Staaten strategische Schritte unternehmen, um ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit zu stärken. Meiner Ansicht nach geht der Trend dahin, die Dominanz westlicher Währungen zu verringern und neue Wege für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu eröffnen. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie sich die politischen und wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse weiter entwickeln und ob die BRICS-Staaten ihre Pläne zur Einführung einer gemeinsamen Währung erfolgreich umsetzen können.

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